Frank Michler
Protokoll zum Praktikum Neurobiologie/Verhalten WS 1998/99
Schwerpunktthema:

Entwicklung des Antennallobus von Manduca sexta.
vom 11.01.99 bis 22.01.99
Betreuer: Dr. Joachim Schachtner

Inhalt:
I. Einleitung II. Methoden
III. Ergebnisse
IV. Diskussion

I. Einleitung:
Manduca sexta (Tabakschwärmer) aus der Familie der Sphingidae ist ein holometaboles Insekt, das heißt, nach mehreren Larvenstadien findet eine Verpuppung statt. Etwa 20 Tage nach der Verpuppung schlüpft das adulte Tier. Fig. 1 zeigt die verschiedenen Stadien von Manduca sexta.

Fig. 1
(das Bild stammt aus: http://zebra.biol.sc.edu/moth/manduca-l.html)



Der Antennallobus (AL)
Im AL findet die erste Synaptische Verarbeitung der olfaktorischen Information statt. Die Neurone des AL lassen sich in zwei Gruppen einteilen: lokale Interneurone (LN), die sowohl Ein- als auch Ausgänge im AL haben, und Projektionsneurone, die Eingänge im AL und Ausgänge in anderen Hirnregionen (z.B. Protocerebrum) haben. Die Somata der AL-Neurone liegen außerhalb des Neuropils in zwei Zellgruppen: der lateralen Zellgruppe (Fig.2, lc) und der medianen Zellgruppe (Fig.2, mc).
Die Synapsen konzentrieren sich auf sogenannte Glomeruli. Manduca sexta hat etwa 64 solcher Glomeruli pro AL. Männliche Tiere haben zusätzlich einen sog. Macroglomerularkomplex (MGC). Dieser verarbeitet die Information von Sexualpheromonen.

Fig. 2

Entwicklung des AL
Der AL entwickelt sich am Ort des rudimentären larvalen antennalen Zentrums. Die Zellen des AL entstammen fünf Neuroblasten, die sich während der Larvalzeit intensiv teilen. Die Zellteilungen sind etwa ab dem zweiten/dritten Tag des Puppenstadiums abgeschlossen (Hildebrand, Rössler, Tolbert in [2]).
Die Entwicklung des AL beginnt damit, daß die Dendriten der olfaktorischen Rezeptorneurone (ORN) in die Sensillen der Antenne auswachsen. Danach wachsen ihre Axone zum späteren AL. Dort durchstoßen sie die Wand aus Gliazellen (Fig. 3, st.4), die das AL-Neuropil umgibt und wachsen in das Neuropil ein. Ihre Enden wachsen in Gruppen aufeinander zu und formen sogenannte Protoglomeruli (Fig. 3, st.5). Diese werden von den Gliazellen umwachsen (Fig. 3, st.6), die dann eine Begrenzung für die Verzweigungsbäume der daraufhin einwachsenden Neurite der AL-Neurone darstellen (Fig. 3, st.7) (Hildebrand et. al. 1997 in [2]). Die Glomeruli bilden sich etwa zwischen dem siebenten und dem zehnten Tag der Puppenentwicklung heraus. Dieser Zeitraum deckt sich mit einem Titeranstieg des Entwicklungs-Hormons 20-Hydroxy-Ecdyson (siehe Fig. 4, Kurve 3: 20E), was einen kausalen Zusammenhang vermuten läßt.

Fig. 3


Fig. 4


II. Methoden
Das Verfahren zur Herstellung der Hirnschnitte stellt eine Abwandlung der in [1], S. 7 dargestellten Methode "PAP-FÄRBUNG AN VIBRATOMSCHNITTEN" dar. Aus Puppen der Stadien P7 bis P11 wurden die Gehirne herauspräpariert und in Formalin (4% in Pbs) fixiert. Dann wurden sie in Gelatine eingebettet und mit einem Vibratom geschnitten (Schnittdicke: 40 ?m). Die Schnitte wurden 3 mal 10 min in SST (mit 0,1% TritonX) gespült. Zur Absättigung unspezifischer Bindungsstellen wurden die Schnitte für eine Stunde mit 5% Normal Goat Serum (NGS) inkubiert (Präinkubation). Anschließend wurde wieder gespült (3x10min in SST, 0,1%TrX). Mit den meisten Schnitten wurde eine DAB/Peroxidase-Färbung  durchgeführt. Dazu wurden sie etwa 20h mit einem Antikörper gegen Allatostatin (1:5000) inkubiert (primärer Antikörper). Nach erneutem Spülen wurden sie 1h mit dem sekundären Antikörper, an welchen schon das Peroxidase-Molekül gebunden war, inkubiert. Nun wurde wieder gespült und die DAB-Reaktion (DAB=3,3'-Diamino-Benzidin-tetrahydrochlorid; die Polymerisation des farblosen Monomers zum braunen Polymer wird durch Peroxidase katalysiert) durchgeführt.
Mit zwei Gehirnen wurde eine Fluoreszenz-Doppelfärbung durchgeführt. Statt der Peroxidase waren an den sekundären Antikörpern entsprechende Fluoreszenzfarbstoffe gebunden (Anti-Allatostatin 1:4000? Diisothiofluoreszin Anregung:490nm, Emission: 525nm; Anti-Synaptotagmin 1:2000 ? Texasrot Anregung: 596nm; Emission: 615nm; Werte aus[3]).
Die Präparate wurden Lichtmikrosopisch (Zeiss Axioscop) bzw. am Konfokalen Laserscanmikroskop (Leika) untersucht.
Bei Hirnschnitten aus Puppensttadien von P3 bis P17 wurde die Zahl der Gefärbten Zellen gezählt. Zellen, die auf mehreren Schnitten zu sehen waren, wurden mehrmals gezählt.


III. Ergebnisse
Fig.5A: P7 Fig.5B: P8 Fig.5C: P9
Fig.5D: P10 Fig.5E: P10 Fig.5F: P11

Fig.5A bis Fig. 5F zeigen Antennalloben in verschiedenen Puppenstadien. Die Größenverhältnisse sind aus 5F ersichtlich. Die AL sind so orientiert, daß die Antennennerven nach links oben austreten (vgl. Fig.5F und Fig2). In A bis C sind die AL eher peripher (weiter außen) geschnitten und erscheinen daher kleiner, während in D bis F die Schnittebenen eher durch das Zentrum des AL gehen.

Fig. 5A zeigt einen weiblichen AL im Stadium P7. Das Neuropil (N) ist deutlich gefärbt, es sind jedoch kaum Strukturen zu erkennen. Rechts oben ist die mediane Zellgruppe (mZ) zu sehen; rechts unten sieht man noch eine andere Zellgruppe (aZ). Diese gehört jedoch nicht mehr zum Antennallobus, sondern zum Zentralhirn. Fig. 5B zeigt einen weiblichen AL im Stadium P8. Auch hier erscheint das Neuropil noch strukturlos. In der lateralen Zellgruppe sind einige Zellkörper angefärbt. Fig. 5C zeigt einen männlichen AL im Stadium P9. Der nur bei Männchen auftretende Macroglomerularkomplex (MGC) ist deutlich zu sehen. Im Neuropil sind schon Glomeruli (G) zu erkennen. In Fig. 5D (männlich, P10) sieht man, wie die Neurite (Nr) zunächst ins Zentrum des Neuropils ziehen, und dann erst in die Glomeruli verzweigen. In Fig. 5E kann man Cummulus (C) und Toroid (T) - Teile des MGC - erkennen. Die Glomeruli sind deutlich ausgeprägt, es ist jedoch nur ihr proximaler Teil angefärbt. Fig. 5F zeigt einen männlichen AL im Stadium P11. Hier ist die Entwicklung der Glomeruli nahezu abgeschlossen.

 In den meisten Schnitten sind in der lateralen Zellgruppe gefärbte Somata zu sehen. In der medialen Zellgruppe wurden durch die allatostatinähnliche Färbung jedoch keine Zellen markiert. Eine Zählung der markierten Zellen in verschiedenen Puppenstadien ergab, daß die Zahl der allatostatinähnlich gefärbten Zellen zwischen des Stadien P7 und P8 sprunghaft ansteigt (siehe Diagramm 1).


Diagramm 1


Fig. 6A und Fig. 6B zeigen die Aufnahmen der Flureszenz-Doppelfärbung mit dem Konfokalen Laserscanmikroskop. Die grüne Farbe zeigt die allatostatinähnliche Färbung und die rote die synaptotagminähnliche Färbung (gelbe und orange Farbtöne kommen durch Überlagerung zustande). Fig. 6A zeigt einen männlichen AL. Man kann alle drei Teile des MGC unterscheiden: Cummulus (C), Toroid1 (T1) und Toroid2 (T2). Fig. 6B zeigt eine Vergrößerung des in Fig.6A gekennzeichneten Glomerulus. Hier sieht man deutlich, daß die allatostatinähnliche Färbung nur den proximalen Bereich des Glomerulus markiert (siehe auch Fig. 5E), während der ganze Glomerulus synaptotagminähnliche Immunreaktivität zeigt.
Fig. 6A Fig. 6B.

IV. Diskussion
Die Ergebnisse zeigen, daß die Herausbildung der Glomeruli zeitlich mit dem Anstieg des Hydroxyecdysontiters zusammenfällt. Die allatostatinähnliche Färbung wirkt nur auf Zellen der lateralen Zellgruppe (lZ) und dort auch nicht auf alle. Allatostatin ist ein Neuropeptid, welches die Synthese von Junvenil-Hormon in der Corpora Allata hemmt. Die laterale Zellgruppe enthält also Zellen, die ein allatostatinähnliches Peptid enthalten, das vielleicht als Transmitter fungiert. Die Zahl dieser Zellen steigt zwischen den Stadien P7 und P8 sprunghaft an. Andere Zellen der lateralen Zellgruppe sowie alle Zellen der medialen Zellgruppe (mZ) enthalten dieses Peptid offenbar nicht. Welcher funktionelle Unterschied dieser Beobachtung entspricht, ist noch nicht bekannt. Ein ähnlicher Unterschied zwischen lateraler und medialer Zellgruppe zeigt sich in der FMRM-amid-Immunreaktivität (Homberg in [4]). Auch hier lassen sich nur Zellen der lateralen Zellgruppe färben.



Bildnachweis:
Fig. 1:aus: http://zebra.biol.sc.edu/moth/manduca2.gif
Fig.2: aus [2]
Fig. 3: aus [5]
Fig. 4 von Dr. Joachim Schachtner

Literatur:
[1] "Fortbildungskurs der Deutschen Zoologischen Gesellschaft an der Universität Konstanz 30.3.-7.4.1992;
Licht- und elektronenmikroskopische Methoden der Immuncytochemie; Kursteil Lichtmikroskopische Immuncytochemie" Dr. U. Homberg, Konstanz

[2] "Postembryonic developmentt of the olfacttory system in the moth Manduca sexta: primary-afferent control of glomerular development" von John G. Hildebrand, Wolfgang Rössler und Leslie P. Tolbert erschienen in "seminars in CELL & DEVELOPMENTAL BIOLOGY, Vol 8, 1997: pp163-170

[3] "Theory of Fluors and their use" http://gonzo.sci.man.ac.uk/Confocal/refer/fluor.html

[4] "Distributio of Neurotransmitters in the Insect Brain" von Uwe Homberg

[5] "Synaptic Organization and Development of the Antennal Lobe in Insects" J. Boeckh and L.P. Tolbert erschienen in MICROSCOPY RESEARCH AND TECHNIQUE 24:260-280 (1993)



Erstellt am 15.03.1999
Letzte Änderung 20.08.1999 von Frank